The First Translation of Miles's Work: Die „Hunger Games“ sind nicht unsere Zukunft – Sie sind schon Realität

Link to Kalle Kapner’s German Translation of “The Hunger Games is Hardly Our Future: It’s Already Here,” on the German Open Borders website

I was pleased when Kalle Kapner asked if he could translate my column that you can read in English here:

The Hunger Games is Hardly Our Future, It’s Already Here.

I am grateful to Max Huppertz and Rudi Bachmann for looking over Kalle’s translation. Since this is the first translation I know of for any of my work, let me reproduce the full translation here (with Kalle’s approval). Based on my college German, I think it sounds better in the German translation than in the original, at least to a lover of foreign languages like me!


Miles Kimball ist Professor für Volkswirtschaftslehre und Umfrageforschung an der University of Michigan und bloggt auf Confessions of a Supply-Side Liberal. Der folgende Text erschien im Dezember 2013 bei Quartzund wurde durch Kalle Kappner für Offene-Grenzen.net übersetzt.

Die Hunger Games¹ zeichnen ein auf unheimliche Art und Weise passendes Bild der Realität. Das Kapitolentspricht den reichen Staaten unserer Welt: Den USA, Kanada, Australien, Japan, Israel, Neuseeland, einigen Öl-Königreichen, den meisten europäischen Staaten. Die Distrikte sind die armen Staaten unserer Welt: Haiti, Nepal, Bangladesch, Kambodscha, Laos, Papua-Neuguinea, viele Länder in Zentralasien und Afrika mit Pro-Kopf-Einkommen von weniger als 10 Dollar pro Tag.

Das Kapitol, mit all seinem Überfluss an Nahrungsmitteln, guter medizinischer Versorgung und technischem Schnickschnack, ist von einer gigantischen, mit Sprengfallen versehenen High-Tech-Mauer umgeben. Um das materielle Paradies des Kapitols zu erreichen, müssen sich die Distrikt-Bewohner durch die Mauer graben ohne getötet oder gefangen und zum Verhungern in die Distrikte zurückgeschickt zu werden.

Der wichtigste Unterschied zwischen Suzanne Collins‘ Hunger Games und meiner Interpretation ist, dass die Armut in der realen Welt unbegreiflich bitterer ist als die in den Hunger Games dargestellte Armut. Um dies meinen Studenten, die die Vereinigten Staaten nie verlassen haben, klar zu machen, lese ich ihnen Nicholas Kristofs New York Times-Essay „Where Sweatshops are a Dream“ Wort für Wort vor.

Der andere Unterschied liegt darin, dass die bösen Machenschaften des Kapitols in Suzanne Collins‘ Romanen so tiefe Wurzeln haben wie die Nation selbst. Wir in den Vereinigten Staaten dagegen bauen eine Mauer um Immigranten fernzuhalten, obwohl dies unserer eigenen historischen Tradition und dem guten Beispiel unserer Gründerväter widerspricht. Das ist nicht nur herzlos von uns – zum aller Wahrscheinlichkeit nach nur geringen Nutzen eines kleinen Teils der Bevölkerung – sondern auch dumm. Die strikten Einwanderungsbeschränkungen schaden unserer Wirtschaft, erschweren den zukünftigen Ausgleich des Staatshaushaltes und hemmen die Zukunft der Vereinigten Staaten als geopolitische Macht.

Sind Einwanderungsbeschränkungen notwendig? Es mag ein Limit bei der Geschwindigkeit geben, mit der wir Neuankömmlinge aufnehmen können. Aber es gibt gute Gründe, anzunehmen, dass dieses Limit sehr viel höher liegt als die derzeitige Einwanderungsrate. Im Jahrzehnt von 1900 bis 1910 kamen pro Jahr Einwanderer im Umfang von 1 % der Bevölkerung ins Land. Sicher, es gab ein paar Spannungen, aber das Land fiel nicht auseinander. Heute ist Amerika aufgrund der Einwanderer des frühen 20. Jahrhunderts und deren Nachfahren weitaus stärker. Zum Vergleich: Die Anzahl neuer legaler und dauerhaft bleibender Immigranten in den USA liegt heute pro Jahr bei nur 0,33 % der Bevölkerung.  Und die Gesamtanzahl aller illegalen Einwanderer in den USA, gespeist aus vielen, vielen Jahren der Immigration, beträgt nur 3,7 % der US-Bevölkerung – nicht einmal annährend so hoch wie die Einwanderungsrate von 1 %, die die Vereinigten Staaten in der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts aufwiesen. Diese Immigranten könnten sich sehr viel schneller in unsere Gesellschaft integrieren, wenn sie nicht zu einem Leben im Verborgenen gezwungen wärenaufgrund von Gesetzen, die sie zu Kriminellen erklären.

Der Philosoph Michael Huemer liefert hier eine gute Diskussion der Ethik der Einwanderungsbeschränkungen. Eine wichtige Einsicht ist, dass viele US-Bürger gerne Einwanderer aus anderen Ländern aufnehmen würden. Doch einige Amerikaner halten andere Amerikaner davon ab, Einwanderer so willkommen zu heißen, wie sie es wünschen. Und viele Menschen aus der ganzen Welt wären überglücklich in die Vereinigten Staaten kommen zu dürfen, selbst wenn ihnen jeder Anspruch auf öffentliche Leistungen versagt würde.

In unserer Welt ist Exklusion eine Form der Grausamkeit, die wir achselzuckend hinnehmen. Menschen ohne Grund aus dem materiellen Paradies auszuschließen verwandelt eine Utopie in eine Dystopie. Indem sie Immigranten fernhalten, übernehmen die Vereinigten Staaten – wie die anderen reichen Staaten der Erde – die Rolle des Kapitols in meiner Interpretation der Hunger Games. Doch alles was wir tun müssen um dies zu ändern, wäre, die Inschrift auf der Freiheitsstatue wieder ernst zu nehmen: “Give me your tired, your poor, your huddled masses yearning to breath free” – “Gebt mir eure Müden, eure Armen, euregeknechteten Massen, die frei zu atmen begehren.”

© 8. Dezember 2013: Miles Kimball, zuerst veröffentlicht bei Quartz. Weiterverwendet auf Basis einer temporären, nicht-exklusiven Lizenz, die am 30. Juni 2017 abläuft.

¹ Die Romantrilogie “The Hunger Games” und deren Verfilmung sind im Deutschen unter dem Titel „Die Tribute von Panem“ erschienen.